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DIESE Sprachmarotte findest Du nur in Klickportalen!

„Anwohner flippt bei DIESEM Anblick komplett aus!“ Auf dem Boulevard werden Demonstrativpronomen oft missbraucht. Wenn Sie DIESE Marotte irgendwo sehen, machen Sie sich am besten schnell aus dem Staub. Wir zeigen drei Beispiele einer einst seriösen Tageszeitung.

Es war einmal eine Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) unter der Adresse derwesten.de zu finden. Es fanden sich darin viele seriöse Inhalte für die Menschen des Ruhrgebiets und darüber hinaus. Heute findet man unter dieser Adresse ein erbärmliches Klickportal der Funke-Mediengruppe, die nach wie vor die Zeitung WAZ herausgibt. Gekennzeichnet ist das Portal von Überschriften wie dieser:

Wenn Sie DIESES großgeschriebene Demonstrativpronomen sehen, dann wissen Sie bereits: Hier ist der Boulevard des Internets! Hereinspaziert, erwarten Sie nichts Seriöses mehr!XXX

Dabei ist dieses grammatikalische Mittel eigentlich ziemlich feines Florett: Es handelt sich um einen sogenannten Vorwärtsverweis im Text („Forward Referencing“). Wer es benutzt, verweist mithilfe der Deixis (Hinweisfunktion der Wörter) auf etwas, was gleich erst noch gezeigt werden wird: So entsteht Neugierde. Man macht es also kurz und mit extrem wenig sprachlichem Aufwand spannend. Siehe hier:

Scrennshot Headline von DerWesten.de

Wer nun wissen will, für wen andere Regeln gelten, muss klicken. Hinzu kommt: Demonstrativpronomen kann man schlecht von bestimmten Artikeln unterscheiden: Auch „der“, „die“ und „das“ können Demonstrativpronomen sein. So wie hier:

Screenshot von Headline aus DerWesten.de
Den Unterschied erkennt man vor allem an der anderen Betonung: Demonstrativpronomen werden stärker betont! Indem DerWesten sie versal setzt (in Großbuchstaben), erleichtert er nicht nur die Aussprache, sondern akzentuiert den Neugierde-Faktor noch.

Trotzdem ist das Murks! Warum: Weil so ein Kunstgriff irgendwann durchschaubar und dann auch lästig und nervig wird. In diesem Fall ist das großgeschriebene Demonstrativpronomen sogar schon zum Signum des Clickbaiting geworden.

Zugestehen muss man den Machern allerdings eines: Es muss noch genug Leute geben, die sich dadurch zum Klicken verführen lassen. Sonst würde man dieses angestaubte Florett sicher sofort fallenlassen …